Beim Lesen eines Artikels über den Brand der Notre-Dame vom 15./16. April in Paris blieb ich an einprägsamen Wörtern hängen, die mir tagelang nicht aus dem Kopf gingen. Alexander von Schönburg schrieb in der Bild-Zeitung: „Notre-Dame und vergleichbare Bauwerke sind nicht einfach aufeinander geschichtete Steine, sie sind Symbole. Ein Symbol ist psychologisch das äußere Zeichen einer inneren Verpflichtung. Symbole sind sichtbare Zeichen unserer Identität“. Treffender kann die Grundidee des Vereins „Kulturerbe Kirchenburgen e.V.“ nicht formuliert werden, über deren dritte Mitgliederversammlung hier berichtet werden soll.
Sie fand am ersten Aprilwochenende im sächsisch geprägten „Kappellenhof“ in Roßtal bei Nürnberg statt. Da die Mitglieder aus verschiedenen Teilen des deutschsprachigen Raumes (Eckpunkte: Wels – Zürich – Siegen) angereist waren, reden wir sehr schnell von einer Wochenendveranstaltung. Diese begann am Freitagabend in kleiner Runde im Nürnberger „Barfüßer“. Schon hier zeichnete sich ab, dass vielfältige siebenbürgische Themen die nächsten Tage füllen werden. Der Samstag als Hauptversammlungstag bestand aus vier Teilen: der Mitgliederversammlung, einer Kirchenbesichtigung in Roßtal, Projektvorträgen samt Vereinsstrategie, an denen auch interessierte Gäste teilnahmen, und einem gesprächsintensiven Abend.
Wir sind (noch) ein kleiner Verein, der vom allgemeinen Engagement, vor allem dem Herzblut der Vereinsführung und der unermüdlichen Tatkraft einzelner Projektkoordinatoren lebt. Die aktuelle Finanzlage, die in der Versammlung besprochen wurde, bietet jetzt die Chance, vereinseigene Projekte zu entwickeln und umzusetzen. Ideen und Impulse hierfür wurden in der Projektvorstellungsrunde ohne großen Aufwand generiert.
Bis vor wenigen Jahren unbekannt, wurden in Kirchen Siebenbürgens, z.B. in Eibesdorf, Schmiegen, Durles oder Bonnesdorf, vorreformatorische Fresken entdeckt und in ersten Ansätzen freigelegt. Ein mehrtägiger Workshop unter Anleitung von Fachleuten könnte deren Umfang erhöhen. Nach dem „1. Internationalen Symposium Kulturerbe Siebenbürgische Kirchenburgenlandschaft“ im Mai 2018 in Berlin wäre dieser Schritt eine logische Fortsetzung, um – neben den von der UNESCO anerkannten Moldauklöstern – eine zweite „Freskenlandschaft“ in Rumänien aufzubauen. Die Zusammenarbeit mit Fachleuten vor Ort und die Sensibilisierung einer breiten Basis an Interessierten stellt ein Grundprinzip unseres Vereins dar.
Der erwähnte Einsatz und die Erfahrungen in der Kirchenburgenlandschaft bilden mittlerweile eine Fachkompetenz, die für die Arbeit und die Veränderungen in denkmalgeschützten Umgebungen unerlässlich ist. Für Heimatortsgemeinschaften, die Kirchenburgen erhalten möchten, ist dieses Wissen eine große Hilfe. Für uns sind interessierte HOGs Multiplikatoren beim Erhalt des Kulturerbes, mit denen wir uns gerne austauschen und die erworbenen Kenntnisse teilen.
Neben dem sehr sinnvollen Schwerpunkt der Erhaltung unserer Kirchenburgen ist die Diskussion mit unterschiedlich geprägten und fokussierten wirklich Siebenbürgeninteressierten für jeden Beteiligten eine persönliche Erweiterung des geistigen Horizonts und macht auch noch richtig Spaß.
Einen sehr wichtigen Beitrag zum Gelingen der Veranstaltung leistete im „Kapellenhof“ die Familie Lienerth und ihr Team. Bei schmackhaftem siebenbürgischen Essen fühlt man sich wohl und freut sich auf ein nächstes Mal.
Hans Reinerth