Donnerstag, März 28 2024

Die 1308 erstmals urkundlich erwähnte Ortschaft Bonnesdorf (Boian / Alsóbajom) liegt in einem Seitental der Kleinen Kokel im Nordwesten von Mediasch. Die unfreie Gemeinde gelangte um 1488 durch Schenkung des ungarischen Königs Matthias Corvinus in den Besitz des Moldaufürsten Stefan der Große. Dieser ließ 1506 die auf dem Anger inmitten des Dorfes gelegene gotische Saalkirche zu einer der trutzigsten Kirchenburgen im Zwischenkokelgebiet ausbauen.

Doch mittlerweile gehört die Kirchenburg der heutigen Diaspora-Gemeinde Bonnesdorf zu den dringend Hilfe bedürftigen Monumenten, und der Verein Kulturerbe Kirchenburgen hofft in Zukunft zum Erhalt beitragen zu können. Für eine aktuelle Bestandsaufnahme und Notintervention organisierte der Verein deshalb vom 6. bis 9. August 2020 zusammen mit dem ARCUS Verein und dem Bezirkskonsistorium Mediasch, einen Workshop zur Konsolidierung der Wandmalereien der evangelischen Kirche. Der Verein übernahm dabei einen Teil der Kurskosten sowie die Übernachtung und Verpflegung der Teilnehmer in Eigenregie. Die fachliche Leitung des 4-tägigen Workshops mit sieben Studenten und Studentinnen des Studiengangs Conservare-Restaurare der Universität Lucian Blaga (ULBS) in Hermannstadt hatte der auf Wandmalereien in siebenbürgisch-sächsischen Kirchen spezialisierte Restaurator Lóránd Kiss inne.

Konservierung & Notintervention

Das vorrangige Augenmerk des Workshops lag einerseits auf der Konservierung der Wandmalereien in Form einer Notintervention und andererseits auf der thematischen Einordnung der Fresken. Hinzu kam die stratigraphische Untersuchung der Wandoberflächen sowohl an der Außenseite als auch im Innenraum der Kirche, deren Wurzeln bis ins Jahr 1400 zurückreichen.

Bei der ersten Begehung zeigte sich den Workshop-Teilnehmern der lamentable Zustand der Kirchenburg. Grasschnitt, wilde Vegetation und nicht entsorgter Grünschnitt türmten sich im Burghof. Dazu fanden sich verstopfte Dachrinnen sowie zahlreiche Lücken in der Dacheindeckung, die für die fortschreitenden Schäden am Mauerwerk und in letzter Konsequenz auch an den Wandmalereien mitverantwortlich sind. Derzeit tragen etwa 35% der äußeren Wandoberflächen bereits keinen Verputz mehr. Die Folgen fehlender Pflege und mangelnder Instandhaltungsmaßnahmen waren unübersehbar.

Dagegen erforderte die Identifizierung der etwa fünf bis sechs Quadratmeter großen Fläche mit figurativen Bildfragmenten an der Außenfassade des südlichen Chorraums schon einen intensiveren Blick. Obwohl aktuell nur ein geringer Teil sichtbar ist (weite Bereiche sind noch von der zuletzt aufgebrachten Putzschicht verdeckt), konnte die mit eisenoxidhaltigen Pigmenten ausgeführte Wandmalerei auf eine Entstehungszeit um das 14. bis Mitte 15. Jahrhundert eingegrenzt werden.

Im Innern machte das Workshop-Team bei der Begehung des Dachstuhls zunächst eine unerwartete Entdeckung. Hier zeigten sich Hinweise auf ein älteres und wesentlich niedrigeres gotisches Gewölbe. Es entsprach ursprünglich der Höhe des Chores, bevor dieser im Rahmen der Wehrbarmachung aufgestockt wurde.

Spätgotische Fresken im Altarraum

Auf der Nordseite des Altarraums konnten Fragmente von zwei, voneinander unabhängigen spätgotischen Wandmalereien identifiziert werden. Sie fanden bereits bei Restaurierungsarbeiten zwischen 1968 und 1970 den Weg zurück ans Tageslicht.

Der ältere, an die Ostwand angrenzende Fresken-Abschnitt zeigt mit der Darstellung der Kreuzigung und Kreuzabnahme Szenen aus der Passion Jesu. Leider sind die im späten 14. oder frühen 15. Jahrhundert ausgeführten Arbeiten nur zu etwa 30% erhalten. Sie sind der Fresko-Secco-Technik mit den dominierenden Farben rot, azurblau, ockergelb und malachitgrün zuzuordnen. Bei der Anbringung des kunstvollen und beinahe vier Meter hohen Sakramentshäuschen um das Jahr 1500 wurden Teile der Malereien stark in Mitleidenschaft gezogen und die Fugen unschön mit Kalkmörtel ausgefüllt.

In westlicher Verlängerung der Passionsgeschichte hieß es für die hoch motivierten Studenten hinauf aufs Gerüst und wertvolle praktische Erfahrungen in den einschlägigen Notfall-Sicherungs- und Restaurierungsmaßnahmen sammeln. Hierzu gehörten vorrangig die Konsolidierung der Fresken durch Verstärken der Kanten des losen Putzes mit Kalkmörtel und Befestigen der sich vom Gips lösenden Bereiche mittels Japanpapier und Carboxymethylcellulose. Zusätzlich wurden die farbtragenden Schichten gereinigt sowie der Zementputz entfernt, der die natürliche Feuchtigkeitsregulierung des Mauerwerks verhindert.

Trotz der teilweise unachtsamen Entfernung während der Renovierungsarbeiten in den 1970er Jahren blieben etwa 70% der bemalten Wandoberfläche in diesem Wandabschnitt des Altarraums erhalten. Die Secco-Technik auf Kalkputz als auch der Ausdrucksstil deuten auf einen Künstler bzw. ein Handwerkerensemble der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts hin. Ähnliche Verfahren und Figurenformen finden sich ebenfalls im Katholischen Turm von Birthälm sowie in den siebenbürgisch-sächsischen Kirchen in Reps, Pretai und Taterloch. Zunächst wurden die Figuren mit Holzkohle vorskizziert und anschließend mit schwarzer Pinselfarbe nachgezogen. Analog zu den Wandmalereien in Taterloch zeigt das oberste Register das Schicksal der 10.000 Märtyrer von Ararat. Darunter wurden der Heilige Dominikus mitsamt den vier großen westlichen Kirchenvätern verewigt.

Im Osten und Süden des Altarraums sowie im Kirchenschiff fanden sich bei weiteren stichprobenartigen Untersuchungen keine Hinweise auf noch verdeckte Fresken. 

Zum Abschluss des arbeitsintensiven Workshops organisierten die beiden Veranstalter für die Hermannstädter Studenten eine Tagesexkursion in die siebenbürgisch-sächsischen Kirchen von Schmiegen, Durles und Eibesdorf, wo in den vergangenen Jahren bereits großflächige Wandmalereien durch Lóránd Kiss freigelegt und restauriert wurden.

Bonnesdorf – ein weiteres Kirchenburgen-Sorgenkind

 Angesichts des Zustands der Kirchenburg im fortgeschrittenen Stadium der Vernachlässigung und des Verfalls reiht sich Bonnesdorf in die lange Reihe der siebenbürgisch-sächsischen Sorgenkinder ein. Mauerwerk sowie Putz weisen massive Schäden auf und auch die Erhaltung der Wandmalereien ist gefährdet. Zügiges Handeln ist gefordert. Als primäre Maßnahme muss die professionelle Wiederherstellung einer lückenlosen Dacheindeckung verbunden mit der Reparatur der Dachrinnen in Angriff genommen werden. Nur so ist die ungehinderte Regenwasserinfiltration zu stoppen. Gleichzeitig gilt es an den bereits während des Workshops identifizierten Bereichen den Zementputz zu entfernt, um der aufsteigenden Kapillarfeuchtigkeit zu begegnen. In einem nächsten Schritt sollte dann die weitere Aufdeckung und Sicherung der Wandgemälde mit einer umfassenden, fachgerechten Sanierung der Wandoberflächen erfolgen.

Bis jedoch die entsprechenden finanziellen Mittel gefunden, die notwendigen Genehmigungen eingeholt, Fachleute und Termine koordiniert sind, ließe sich zumindest mit einer kurzfristig organisierten Freiwilligen-Aktion die ausufernde Vegetation zurückschneiden sowie der Burghof und das Kircheninnere säubern.

Wer generell Interesse hat, die Ärmel hochzukrempeln und sich zukünftig an einer Freiwilligen-Aktion vor Ort beteiligen möchte, kann sich per Email (info@kulturerbe-kirchenburgen.de) unter dem Stichwort „Freiwilligen-Aktion“ melden.

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