Donnerstag, April 25 2024

Ein Blick in die Ortsgeschichte

1317 erste urkundliche Erwähnung. Der ungarische König Karl Robert von Anjou bestätigte Schmiegen als Besitz des Bans Simon von Szalók, eines hohen Würdenträgers am ungarischen Hof. Der Ort war somit eine untertänige Gemeinde auf Komitatsboden. Bis Mitte des 15. Jahrhunderts blieb Schmiegen durch Erbteilung im Besitz ungarischer Adelsfamilien.
1478 ging der Ort in das Eigentum der sächsischen Familie Thabyasy von Hetzeldorf über.
1526 Verpfändung an den Sachsengraf Markus Pempfflinger für 2400 Florin.
Spätestens ab dem 19. Jahrhundert gehört Schmiegen zum Besitz der ungarischen Adelsfamilie Haller.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts Auflösung der Pfarrei bzw. Zusammenlegung mit den Gemeinden Pretai und Durles. Ab dem Jahr 2000 temporäre Nutzung der Kirche durch die griechisch-katholische Gemeinde.

Baugeschichte und Architektur

Ein auf das Jahr 1390 datierter, päpstlicher Ablassbrief für eine Marienkirche in Schmiegen sowie die einfache architektonische Formensprache lassen auf einen Baubeginn zu Ende 14. Jahrhunderts schließen. 

Mitte des 19. Jahrhunderts befand sich die Kirche in einem derart baufällig Zustand, dass ihr Zutritt verboten wurde. Den Gottesdienst verlegte man vorübergehend in das Erdgeschoss des abseits stehenden Glockenturms. 1859 erfolgte eine Generalsanierung.

2021 wurde durch die Stiftung Kirchenburgen das Dach neu eingedeckt.
Im Frühjahr 2022 finanzierte unser Verein die Erneuerung der Decke des Kirchenschiffs, die Ausbesserung des Traufgesims sowie die Neueindeckung der Stützpfeiler.

Grundriss

Grundriss evangelische Kirche in Schmiegen; Atlas der siebenbuergisch-saechsischen Kirchenburgen v. H. Fabini

1. hölzerner Glockenturm
2. Kirchensaal
3. Chor

a. Westportal
b. Südportal
c. Sakramentsnische

© Hermann Fabini

Die turmlose Saalkirche mit eingezogenem, fünfeckigem Chor weist bescheidene Maße auf. Der Kirchensaal ist lediglich 16 x 9 und der Chor 8 x 7 Meter groß, was auf eine kleine, damals noch katholische Kirchengemeinde hindeutet.

An der West- und Südseite des Langhaus finden sich gotische Spitzbogenportale, deren Holztüren mit Eisenbeschlägen verstärkt wurden. Getreppte Strebepfeiler umgeben Chor und Kirchenschiff. Der Chorraum besitzt ein Kreuzgewölbe ohne Rippen. Er wird durch einen spitz zulaufenden Triumphbogen sichtbar vom Langschiff abgetrennt.

Beachtenswert sind die Spitzbogenfenster mit gotischem Maßwerk und teilweise original bemalten Buntglaseinlagen.

Glockenturm

Im Südwesten der Kirche steht ein gedrungener Glockenturm. Im hölzerner Glockenstuhl hat sich eine mittelalterlicher Glocke mit erkennbarem Apostel- und Kreuzigungsmedaillon erhalten.

Ausstattung

Blick in den Chrorraum mit Altar der evangelischen Kirche in Schmiegen

Die Kirche präsentiert sich schlicht und besitzt mit Ausnahme der Wandmalereien nur wenige dekorative Elemente, darunter:

  • an der Nordchorwand eine Sakramentsnische aus dem 15. Jahrhundert, deren Gittertüre mit Metallblüten verziert ist;
  • eine in die Südchorwand eingelassene, schmucklose Sitznische mit Freskendarstellungen der ungarischen Königen und Nationalheiligen Ladislaus und Stephan;
  • die als Stufe zum Altartisch dienende Grabplatte des 1680 verstorbenen Grundherrn János Thorday de Somogyom; 
  • der 1909 aufgestellte Altar des Hermannstädter Malers Arthur Coulin.

Wandmalereien

Die evangelische Kirche in Schmiegen besitzt mit etwa 250 m2 nicht nur eine der großflächigsten, sondern auch der am besten erhaltenen vorreformatorischen Wandmalereien des Zwischenkokelgebiets. Nachdem die Fresken 1859 im Zuge der umfassenden Kirchenrestaurierung innen und außen übertüncht wurden, begann der Arcus-Verein unter Leitung von Restaurator Lóránd Kiss im Jahr 2009 mit der sukzessiven Sicherung und Freilegung.

Die Fresken stammen aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
An der Nordwand des Langhauses zeigt eine große zusammenhängende Fläche u.a. die Legende des Heiligen Ladislaus beim tödlichen Showdown mit dem Kumanen sowie Szenen aus dem Leben und Martyrium der Heiligen Katharina. Erste Sichtungen im Chorraum lassen vermuten, dass dieser ebenfalls vollständig ausgemalt ist. Der Triumphbogen erzählt das Gleichnis der klugen und Törichten Jungfrauen.

Die Wandmalereien an der Choraußenwand befinden sich in äußerst schlechtem Zustand. Die überlebensgroße Darstellung des Hl. Christopherus, der Krankheiten und Unheil fernhalten sollte, ist nur noch zu erahnen.

Ausstattungsobjekte, die heute in anderen Orten beheimatet sind

Zur ursprünglichen Ausstattung der Kirche gehörten 

  • ein Flügelaltar aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts mit Marienschrein mit insgesamt 16 Bildtafeln, davon die Hälfte auf zwei beweglichen Flügeln. Zur Finanzierung der notwendig gewordenen Kirchenrenovierung verkaufte die Gemeinde das reich vergoldete Meisterwerk nach Schäßburg. Von dort gelangte es 1956 als „vorübergehende Leihgabe“ ins Nationale Kunstmuseeum nach Bukarest, wo es heute noch ausgestellt ist.
  • Ein mit der Jahreszahl 1523 datiertes, spätgotisches Chorgestühl (heute in der Margarethenkirche in Mediasch) sowie ein intarsienverzierter Sakristeischrank (heute in der Bergkirche in Schäßburg) aus der Werkstatt des Schäßburger Meisters Johannes Reychmut. Dazu ist ein weiteres zweisitziges Chorgestühl aus dem 15. Jahrhundert ebenfalls in das Mediascher Kirchenkastell ausgelagert.

Fun Fact – Der Schatz von Schmiegen

Für eine Aufsehen erregende Entdeckung sorgt im Jahr 1880 ein Bauer beim Umgraben seines Feldes. Aus den Erdschollen trat plötzlich ein Keramik- und Bronzegefäß mit wertvollem Inhalt ans Tageslicht. Der 3500 Jahre alte Fund aus der Hallstattzeit beinhaltete mehrere Gold- und Silberobjekte, darunter ein 43 g schweres Stück Rohgold, mehrere runde Schmuckmedaillons, ein Armband, Schlaufenringe und über 150 Goldperlen.

Nach Sichtung und Untersuchung des « Tezaurul de la Șmig » (Schatz von Schmiegen) wurden die Fundstücke auf drei Museen verteilt, das Brukenthal-Museums in Hermannstadt, das Nationalmuseum für Siebenbürgische Geschichte in Klausenburg und das Ungarische Nationalmuseum in Budapest.

Übrigens wurde 2021 bei archäologischen Untersuchungen im Rahmen eines von unserem Verein organisierten und finanzierten Studentenworkshops im Innern der Kirche eine Urne aus derselben Epoche geborgen. Man darf gespannt sein, ob die weiteren Untersuchungen einen Zusammenhang mit dem Goldschatz von Schmiegen ergeben.


Quellen:
Atlas der siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen und Dorfkirchen Band 1; 4. Auflage 2020; Hermann Fabini
Mittelalterliche Denkmäler im Tal der Großen Kokel von Dragoş Năstăsoiu, Ferenc Mihály und Lóránd Kiss

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